Vollversammlung der Mörderischen Schwestern vom 27. bis 29. Oktober 2023
in Nürnberg und vieles mehr
Foto: Friederike Gemünden
Ein Wochenende voller Produktivität, Elan und Geist
Eine runde Sache war das! Nicht nur die Altstadt Nürnbergs, umrahmt von der Stadtmauer und Türmen zu allen Himmelsrichtungen, mittelalterlich anmutende Häuser und Kirchen im Zentrum, hoch oben die Kaiserburg mit weitem Ausblick über die Stadt.
Eine runde Sache - die jährliche Vollversammlung der Mörderischen Schwestern, eingerahmt von Workshops, Podiumsdiskussionen, Ladies Crime Night. Dass es am Ort des Geschehens, dem Jesuiten-Haus, Caritas-Pirckheimer, nicht lediglich um biblische, religiöse, spirituelle Themen geht, zeigte unserer Anwesenheit als Krimiautorinnen.
Ankommen, Wiedersehen, Begrüßen
Einige begannen gleich am Freitagnachmittag mit der Arbeit. Beim Treffen der Social Media Redaktion mit Teilnehmerinnen aus der Webseiten-Redaktion und der neu gegründeten Kommunikations-AG tauschten sich die Öffentlichkeitsarbeiterinnen aus über das Aushängeschild unseres Vereins und die zukünftige noch engere Vernetzung.
Empfang durch die scheidende Präsidentin Pupuze Berber. Quatschen bei Keksen und Sekt. Schön das Wiedersehen mit einigen „alten“ Schwestern, die dem Verein seit Jahren, sogar Jahrzehnten die Treue halten. Ebenso erfreulich, dass „junge“ Schwestern keine Schwellenangst haben und sich in den Austausch stürzen.
Die Stipendiatin
Der spätere Nachmittag diente der Vorstellung der Stipendiatin 2023, Beate Fischer mit ihrer Lesung. Die Laudatio hielt Barbara Steuten, Mitglied der Jury. Interessant und angemessen feierlich stellte sie die Gründe für die von der Jury unter 111 Einsendungen getroffene Auswahl dar.
Das prämierte Werk, in einfacher, gut verständlicher Sprache geschrieben, macht Menschen mit Handicap, Geflüchteten, Obdachlosen, am Rande der Gesellschaft Stehenden zu Hauptfiguren von spannenden , gutgeschriebenen Kurzgeschichten.
Das Interview mit der Stipendiatin führte locker und informativ Carolyn Srugies.
Wir erfuhren, dass Beate Fischer in der Behindertenhilfe und als freiberufliche Lektorin arbeitet, Schreibwerkstätten und Alphabetisierungskurse leitet, und als Biografin Menschen dabei unterstützt, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Zudem schreibt sie Kurzgeschichten und Gedichte, von denen etliche veröffentlicht wurden.
Das Stipendium der Mörderischen Schwestern wird jährlich ausgeschrieben und ist mit
2.400 Euro dotiert.
Ferne oder Nähe
„Reiseleiterin“ Petra Samani nahm die Schwestern am Abend mit auf eine Transcrime-Vortragsreise nach Ghana und Togo. Wer es lieber lokal mochte, konnte sich, ausgestattet mit regenfester Bekleidung, einer Stadtführung durchs abendliche Nürnberg anschließen, geleitet von unserer Schwester und staatlich geprüften Reiseführerin Monika Martin. Danach: Geselliger Austausch mit Alkohol.
Lediglich zwei Schwestern traten am nächsten Morgen um 7:15 Uhr zum Yoga an. Aber alle Anwesenden zur Vollversammlung erhielten von der ausgebildeten Yogalehrerin und Mörderischen Schwester Su Ressel in einer Pause die Gelegenheit, ihre verspannten Muskeln mit leichten Asanas zu lockern.
Die Wahl
Die meisten von uns wissen es schon: Es hat reibungslos geklappt, die Spitzenposten zu besetzen. Claudia Wuttke, persönlich anwesend, will und wird sich und mit vehementem Einsatz ins Amt der Präsidentin stürzen. Zugeschaltet und online gewählt wurden Christiane Weitz als 1. Vizepräsidentin und S. Maria Ahlert als 2. Vizepräsidentin.
Bei all den Neuen war es doch erleichternd, eine vertraute Schwester weiterhin im Amt der Schatzmeisterin zu sehen: Ursula Schmidt-Spreer, der die Wache über den Geldbeutel ersichtlich Spaß macht.
Seltene totale Einstimmigkeit bei der Abstimmung: Wir Schwestern wussten, dass diese Kandidatinnen unseren langjährig bestehenden Verein retten würden.
Moderation und Technik
Sehr zu würdigen ist der Einsatz des Technik-Teams, angeführt von Klaudia Zotzmann-Koch, die Herrscherin über die Geräte. Daneben der einzige Mann im Plenarsaal: Robert. Die beiden schafften es, nicht nur die Vollversammlung, sondern auch andere Highlights für die Daheimgebliebenen pannenlos zu übertragen.
Ebenso dickes Lob an die Regioschwester Bayern Martina Pahr, die energisch und mit verschmitztem Charme die wesentlichen Ereignisse auf und über die Bühne brachte.
Working
So viel Interessantes an Workshops wurde aufgefahren, dass die Auswahl schwer fiel:
Operative Fallanalyse mit Kriminaloberrat Alexander Horn,
der erklärte, wie Spezialisten arbeiten, um neue Ermittlungsansätze zu finden und Täter zu analysieren.
Was geht mich die Politik an? Round-Table-Gespräch mit Janet Clark,
die als politisch Beauftragte der Mörderischen Schwestern in verschiedenen Gremien und AGs die Interessen von Autorinnen vertritt und verteidigt.
Plotte dich frei! - Workshop mit Bettina Brömme,
die die "Storytype-Methode" des Drehbuchautors Emmanuel Oberg vorgestellt und mit den Anwesenden das Gerüst zweier Typen des Spannungsromans entwickelt hat: Die handlungsbetonte und die charakterbetonte Geschichte.
Hörbuch selbst gestalten mit Klaudia Zotzmann-Koch (hybrid),
die als Hörbuchsprecherin und Technikfreak über die Basics bei der Produktion eines Hörbuchs informierte.
Kurz und voll ins Schwarze: Kurzgeschichten preisverdächtig schreiben mit Iris Leister, die als Preisträgerin Impulse vermittelte, wie Autorinnen juryaffiner schreiben können.
Ladies Crime Night
Nach so vielen Optimierungsangeboten konnte Schwester sich am Abend endlich zurücklehnen und die Bühne acht Autorinnen aus verschiedenen Regios überlassen. Sehr unterschiedliche kriminelle Geschichten wurden geboten, vom Psycho-Thriller bis zur Krimikomödie mit satirischem bis surrealem Einschlag. Unterhaltsam las jede jeweils sieben Minuten bis zum Schuss.
Sympathisch und souverän moderierte Ursula Schmidt-Spreer und bewies damit ihre Qualität außerhalb der bewährten Arbeit als Schatzmeisterin. Musikalisch begleitet wurde der Abend kriminell-jazzig von den Musikern des Jazztrios Der vierte Mann.
Die Bestseller-Formel
Ab heute weiß ich wie mein Krimiprojekt ein Bestseller wird - nein, nicht wirklich, dachte ich. Trotzdem brachte die Podiumsdiskussion am Sonntagvormittag zur Bestseller-Formel und dem Einfluss der KI auf Schreibhandwerk und Veröffentlichung einige neue Erkenntnisse.
Charmant und zugleich nachdrücklich befragte Martina Pahr die Anwesenden auf der Bühne: Die Bestsellerautorinnen und Mörderischen Schwestern Lisa Graf-Riemann und Sabine Klewe (Karen Sander), des Weiteren eine Verlagsangehörige von Penguin Random House, eingesprungen für die erkrankte Lektorin Duygu Maus, die Literaturagentin Monika Kempf und Dr. Winkler von der Software-Firma QualiFiction.
Resumee: Es braucht das Besondere im Bewährten, das richtige Thema zur richtigen Zeit, das richtige Fingerspitzengefühl von Agenten und Lektoren, der richtige Draht zwischen Autorin und Lektorin und deren Begeisterungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen in den Verlagsbesprechungen. Selbstverständlich die gute Schreibe. Ist alles beisammen, schwebt darüber immer noch eine glückliche Fügung, die selbst durch große, teure PR-Aktionen nicht unbedingt beeinflussbar ist. Man sei immer auf der Suche, aber letztlich gebe es zu viele Bücher, die Publikumsverlage könnten nicht einmal sämtliche über Agenturen eingehende Manuskripte sichten. Social Media Aktionen der Autorinnen seien willkommen, man müsse es aber gern machen, ältere Autorinnen seien nicht von vornherein ausgeschlossen, oh danke.
Dr. Winkler stellte die Software „Lisa“ der Firma QualiFiction vor, die nach Eingabe einer Manuskriptdatei messen kann, wie und an welchen Stellen Spannung und Publikumsinteresse vorhanden sind, und die so zum Bucherfolg beitragen will. Kritische Stimmen fragten, woher denn die rund 60.000 Romane kommen, mit denen das Programm gefüttert wurde. Freigegeben von Verlagen, von Autoren? Ja, die Webseite von QualiFiction zeigt u.a. die Verlage, die bereits mit „Lisa“ arbeiten und Texte über „Lisa“ annehmen. Schöne neue Welt?
Abschied
Bei Kürbis- oder Gulaschsuppe wurde anschließend diskutiert, wurden Kontakte geknüpft, Verabredungen getroffen. Ich selbst verließ das kreative, inspirierende Wochenende mit neuem Elan und dem Wissen, dass unser Verein weiterleben wird und sich immer wieder krimibegeisterte Frauen finden werden, die ihre Freizeit dafür einsetzen, das Netzwerk der Mörderischen Schwestern immer weiter und dichter zu spinnen.
© Susanne Rüster